Die SPD scheint mal wieder in ihrer Paradedisziplin zu glänzen: sich selbst zu zerlegen, bevor es die Wähler tun. Laut einem Bericht des „Spiegel“ gibt es nun erste Stimmen, die Verteidigungsminister Boris Pistorius als neuen Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken wollen – weil offenbar jemand meinte, es sei eine gute Idee, einen Neuanfang mit einem Mann zu wagen, der erst seit Kurzem überhaupt bundesweit bekannt ist.
Olaf Scholz: Vom „Kanzler der Ampel“ zum „Kanzler, den keiner mehr sieht“
Besonders engagiert in der Mission „Weg mit Scholz“ zeigte sich der rheinland-pfälzische Abgeordnete Joe Weingarten. Laut Teilnehmern des Seeheimer Kreises erklärte er mit der Feinfühligkeit eines Presslufthammers: Scholz sei bei den Leuten „unten durch“. Das Problem: Diese Einschätzung ist inzwischen so weit verbreitet, dass sie selbst in SPD-Ortsvereinen keine hitzige Debatte mehr auslöst. Und was macht die SPD, wenn ein Kanzlerkandidat unbeliebt ist? Natürlich, man diskutiert über einen anderen Kandidaten, der bisher erfolgreich darin war, Streitigkeiten wie diese zu vermeiden.
Christian Schreider aus Ludwigshafen setzte noch einen drauf: Er könne niemanden mehr finden, der für Scholz Wahlkampf machen wolle. Verständlich, wenn man bedenkt, dass das einzige Wahlkampfmaterial zu Scholz mittlerweile wahrscheinlich aus Papierfliegern besteht, die während Sitzungen aus Frust durch die Gegend geworfen werden.
Der Seeheimer Kreis: Mit Vorsicht zu genießen
Der Seeheimer Kreis, jener Zusammenschluss konservativer SPD-Abgeordneter, der regelmäßig dafür sorgt, dass die SPD in ihrer Identitätskrise feststeckt, hat sich damit wieder einmal als Taktgeber der Parteidiskussion hervorgetan. Klar, Pistorius ist beliebt – vor allem, weil er bisher kaum Zeit hatte, sich so unbeliebt zu machen wie der Rest der SPD-Führung. Und das reicht offenbar aus, um ihn direkt als potenziellen Kanzlerkandidaten zu feiern.
Beliebtester Politiker? Zeit für den Pistorius-Hype!
Mit einer Popularitätsrate, die Scholz wie eine Statistenrolle im eigenen Regierungsfilm aussehen lässt, soll Pistorius also die SPD vor dem „Desaster“ bewahren. Das einzige Problem: Pistorius selbst will offenbar nicht. Oder vielleicht doch, aber nur, wenn der Druck noch ein bisschen zunimmt? Die Partei- und Fraktionsführung bleibt jedenfalls (noch) fest hinter Scholz – vermutlich, weil sie wissen, dass ein Kanzlerwechsel drei Monate vor der Wahl ungefähr so erfolgversprechend ist wie ein versenkter Elfmeter im Elfmeterschießen.
Die SPD und ihr Talent für Timing
Die SPD steht laut Umfragen bei gerade mal 15 bis 16 Prozent. Doch keine Sorge, liebe Wählerinnen und Wähler, die Partei hat eine geniale Lösung: Jetzt, wo der Wahlkampf so richtig an Fahrt aufnimmt, erst einmal eine ausgiebige Kanzlerkandidaten-Debatte führen. Es ist ja nicht so, als müsste man sich um andere Dinge kümmern, wie etwa die Klimakrise, die Wirtschaft oder das eigene Überleben als Volkspartei.
Fazit: Pistorius soll retten, was zu retten ist – falls er will
Bleibt die Frage: Wird Pistorius tatsächlich zum neuen Hoffnungsträger aufgebaut? Oder nutzt die SPD die verbleibenden Wochen vor der Wahl lieber, um weiter munter über sich selbst zu streiten? Eins ist klar: Falls es am Wahltag schiefgeht, hat die SPD dann zumindest eines erreicht – ein weiteres Kapitel in ihrer unendlichen Geschichte der Selbstsabotage.