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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Was ist von solchen Werbeanzeigen aus Anlegersicht zu halten?

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TheDigitalArtist (CC0), Pixabay

Von Thomas Bremer

Die reißerische Überschrift „Diese Aktie hat das Potenzial, um 500 % zu steigen, da Kernenergie die energieintensiven KI-Systeme unterstützt“ sorgt aktuell für Aufmerksamkeit in Anlegerkreisen. Aber was steckt hinter solchen Werbeaussagen, und wie sollten Anleger damit umgehen? Ich habe darüber mit Rechtsanwalt Jens Reime gesprochen, der auf Anlegerschutz spezialisiert ist.


Frage: Herr Reime, was ist aus Anlegersicht von solchen Anzeigen zu halten?

Jens Reime: Solche Anzeigen sind immer mit äußerster Vorsicht zu genießen. Sie versprechen astronomische Renditen und nutzen aktuelle Trends – in diesem Fall KI und erneuerbare Energien – geschickt, um Anleger zu locken. Allerdings fehlen in den meisten Fällen belastbare Informationen, die die behaupteten Potenziale stützen. Anleger sollten solche Werbung niemals als objektiven Ratschlag verstehen, sondern als das, was sie ist: eine Marketingstrategie, die auf die Emotionalität der Leser abzielt.


Frage: Welche Risiken sehen Sie bei solchen Empfehlungen?

Jens Reime: Das größte Risiko liegt in der fehlenden Transparenz. In der Anzeige wird beispielsweise ein kanadisches Unternehmen, „Auric Minerals“, hervorgehoben, das angeblich eine Gewinnsteigerung von über 500 % verspricht. Allerdings fehlen detaillierte Angaben zu den tatsächlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, den Projektrisiken oder zur finanziellen Stabilität des Unternehmens. Oft sind solche Unternehmen entweder hoch spekulativ oder es handelt sich um sogenannte „Penny Stocks“, deren Kurse leicht manipuliert werden können. Anleger riskieren, ihr gesamtes investiertes Kapital zu verlieren.


Frage: Welche Warnsignale sollte ein Anleger beachten?

Jens Reime: Es gibt einige klare Warnsignale:

  1. Übertriebene Gewinnversprechen: Wenn eine Anzeige Renditen von 500 % oder mehr in Aussicht stellt, sollte man skeptisch werden. Seriöse Investitionen sind selten mit solchen Versprechen verbunden.
  2. Mangel an konkreten Informationen: Solche Anzeigen liefern selten belastbare Fakten über das Unternehmen, etwa zur Finanzlage, zum Geschäftsmodell oder zu den Projektrisiken.
  3. Verwendung aktueller Hype-Themen: Begriffe wie „KI“, „erneuerbare Energien“ oder „Nuklearenergie“ werden oft genutzt, um Anleger emotional anzusprechen, ohne dass diese Themen tatsächlich Substanz haben.
  4. Fehlende unabhängige Analysen: Eine echte Analyse von Finanzexperten ist wesentlich wertvoller als eine Anzeige, die nur positive Aspekte hervorhebt.

Frage: Was können Anleger tun, um sich vor solchen Risiken zu schützen?

Jens Reime: Der wichtigste Rat ist, sich gut zu informieren. Anleger sollten niemals aufgrund einer einzigen Anzeige investieren. Stattdessen sollten sie sich unabhängig über das Unternehmen informieren – beispielsweise über offizielle Börsenmitteilungen, Geschäftsberichte oder unabhängige Analystenmeinungen. Zudem empfehle ich, nur in Märkte zu investieren, die man versteht, und sich nicht von Hype-Themen leiten zu lassen.


Frage: Wie bewerten Sie die rechtliche Seite solcher Anzeigen?

Jens Reime: Aus rechtlicher Sicht bewegen sich viele solcher Anzeigen in einer Grauzone. Sie nutzen vage Formulierungen und überzogene Versprechungen, die rechtlich oft schwer anzugreifen sind, da sie keine klaren Garantien geben. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Anzeigen irreführend oder manipulativ sind – das wäre dann rechtlich angreifbar. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Anleger, die sich betrogen fühlen, sollten ihre rechtlichen Möglichkeiten prüfen und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einholen.


Frage: Haben Sie abschließend einen Ratschlag für Anleger?

Jens Reime: Ja, ich empfehle Anlegern, immer kritisch zu bleiben und sich nicht von großen Versprechungen blenden zu lassen. Wenn eine Investition zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist sie es meistens auch. Seriöse Anlagen basieren auf soliden Informationen, nicht auf reißerischen Anzeigen. Und vor allem: Nur Geld investieren, dessen Verlust man im schlimmsten Fall verschmerzen kann.


Fazit:

Die Werbeanzeige für „Auric Minerals“ und das vermeintliche Potenzial von 500 % sollte von Anlegern äußerst kritisch hinterfragt werden. Wie Rechtsanwalt Jens Reime betont, sind solche Aussagen oft Teil von Marketingstrategien, die auf Emotionen setzen, während die Risiken ausgeblendet werden. Anleger sollten gründlich recherchieren, unabhängig prüfen und sich nicht von übertriebenen Versprechungen verleiten lassen.

Thomas Bremer bleibt für Sie am Thema dran und informiert weiter über Entwicklungen im Bereich Anlegerschutz und Investitionen.