In Ungarn, wo Demokratie schon lange nur noch als nostalgische Erinnerung gepflegt wird, hat die Regierung unter Viktor Orban eine neue Priorität entdeckt: Doppelstaatsbürger. Die sind ab sofort nicht nur verdächtig, sondern potenziell staatsgefährdend – schließlich könnten sie sich ja glatt an Meinungsfreiheit oder Rechtsstaatlichkeit aus dem anderen Land gewöhnt haben. Und das geht nun wirklich nicht.
Ein Abgeordneter der Fidesz-Partei – also jener Partei, die seit Jahren fleißig daran arbeitet, jegliche Opposition in Grund und Boden zu regieren – hat jetzt einen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht. Ziel: Ungarn soll „staatsfeindlichen Elementen“ mit zwei Pässen künftig die ungarische Staatsbürgerschaft zumindest vorübergehend aberkennen können. Natürlich nur zum Schutz des Vaterlandes. Wer könnte da ernsthaft widersprechen?
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz verabschiedet wird, liegt irgendwo zwischen „sicher“ und „bereits beschlossen“ – denn im ungarischen Parlament hat Viktor Orban mehr Kontrolle als ein Autor über seinen Roman. Und wenn schon jemand als staatsgefährdend gilt, dann ganz sicher nicht, weil er tatsächliche Verbrechen begangen hat, sondern weil er vielleicht eine kritische Meinung äußert, aufmuckt oder – Gott bewahre – sich für Menschenrechte einsetzt.
Kritiker, die es trotz der zunehmend autoritären Atmosphäre noch wagen, den Mund aufzumachen, sehen in dem Gesetz eine neue Spielart politischer Repression. Die Maßnahme sei ein weiteres Instrument, um Regierungskritiker einzuschüchtern und missliebige Personen mundtot zu machen – am besten gleich mit der Ausbürgerung. Schließlich kann man echte Demokratiegefährder nicht einfach davonkommen lassen, nur weil sie eine zweite Staatsbürgerschaft haben und sich auf internationale Rechte berufen könnten.
Dass ein solcher Schritt mit rechtsstaatlichen Prinzipien kollidieren könnte? Nebensache. In Ungarn ist man längst über solche Kleinigkeiten hinweg. Hier wird Politik gemacht wie aus dem Lehrbuch für autoritäre Systeme: Wer nicht spurt, fliegt. Notfalls auch aus dem Staatsbürgerregister.