Zwei mit der Situation vertraute Quellen berichten, dass Scarborough und Brzezinski die Machtfülle der kommenden Trump-Regierung durchaus ernst nehmen. „Trump hat in der Vergangenheit bereits angedroht, politische Gegner und Kritiker zu verfolgen“, so eine Quelle. Der ehemalige Präsident hat mehrfach klargestellt, dass er seine zweite Amtszeit nutzen möchte, um „Gegner“ mit allen Mitteln zur Rechenschaft zu ziehen – ein Szenario, das bei MSNBC für Unruhe sorgt.
Diese Sorgen wurden noch verstärkt, als Trump-Verbündeter Steve Bannon kürzlich MSNBC-Mitarbeiter öffentlich warnte, ihre Dokumente aufzubewahren und sich rechtlich abzusichern, da sie mit rechtlichen Schritten durch das Justizministerium unter Matt Gaetz rechnen müssten, der als potenzieller Justizminister gehandelt wird.
Ein MSNBC-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, kommentierte sarkastisch: „Wir sollen uns also auf Audits und Klagen vorbereiten, aber Joe und Mika gehen auf Tee und Kuchen nach Mar-a-Lago.“
Spaltung innerhalb von MSNBC
Innerhalb des Senders zeigt sich ein differenziertes Bild: Einige Mitarbeiter bewerten das Treffen pragmatisch. Sie argumentieren, dass der Zugang zu einem Präsidenten – selbst einem wie Trump – unverzichtbar sei, um ausgewogen berichten zu können. Andere hingegen sehen die Begegnung als besorgniserregendes Signal. Katie Phang, eine MSNBC-Moderatorin, brachte es in einem Social-Media-Beitrag auf den Punkt: „Trump zu normalisieren ist eine schlechte Idee. Punkt.“
Auch einige Zuschauer sehen das Treffen kritisch. In den sozialen Medien hagelte es Beschwerden und Enttäuschung von treuen MSNBC-Fans. „Warum sollte man sich auf diese Weise mit jemandem versöhnen, den man jahrelang als Bedrohung der Demokratie dargestellt hat?“, fragte ein Nutzer auf X.
Scarborough schien von der Heftigkeit der Reaktionen überrascht und löschte einen seiner Beiträge, in dem er das Treffen verteidigt hatte.
Der Realpolitik-Ansatz von „Morning Joe“
Scarborough selbst rechtfertigte das Treffen am Dienstagmorgen live im Fernsehen. „Wir haben Anrufe aus der ganzen Welt erhalten – die Menschen verstehen, was wir getan haben“, sagte er. Er betonte, dass die Gespräche mit Trump nicht nur notwendig seien, sondern auch einen Beitrag dazu leisten könnten, die politische Atmosphäre zu entspannen. „Am Ende arbeiten wir alle an einem besseren Amerika“, fügte er hinzu.
Brzezinski pflichtete ihm bei: „Man muss es Tag für Tag nehmen.“
Ein schmaler Grat
Das Treffen wirft grundlegende Fragen über den Journalismus in einer politisch polarisierten Zeit auf: Wie nah dürfen oder sollten Journalisten und Medienakteure an politische Macht heranrücken? Besonders, wenn diese Macht in den vergangenen Jahren immer wieder versucht hat, die Pressefreiheit zu untergraben?
Für einige ist das Treffen ein verzweifelter Versuch, die eigene Haut zu retten. Für andere ein kluger Schachzug, um den Draht zum kommenden Präsidenten nicht zu verlieren. Doch der Balanceakt zwischen journalistischer Neutralität und politischer Nähe bleibt heikel – und könnte langfristig das Vertrauen der MSNBC-Zuschauer in den Sender beeinträchtigen.