Donald Trump überrascht mal wieder – und diesmal nicht mit einem neuen Superlativ über sich selbst oder einer außenpolitischen Schreckensmeldung, sondern mit einer erstaunlich milden Wende in seiner sonst so feurigen Zollpolitik. Die USA, bislang Vorreiter der „America First“-Abschottungsstrategie, treten plötzlich auf die Bremse. Die Weltwirtschaft? Reagiert wie ein durstiger Wanderer in der Wüste, dem man eine Wasserflasche hinhält: Mit kollektiver Erleichterung.
Die Börsen danken es prompt – mit Kurssprüngen, die fast schon euphorisch wirken. Der DAX legt gleich zu Handelsbeginn mehr als acht Prozent zu, was sonst nur bei revolutionären Medikamentenzulassungen oder der Ankündigung von Notenbankgeldgeschenken vorkommt. Alles wegen eines Präsidenten, der sagt: „Heute mal nur zehn Prozent Zoll, liebe Freunde. Die richtig harten Strafen verschiebe ich – vielleicht – auf später.“
Das mag man für Einsicht halten. Oder für das wirtschaftspolitische Äquivalent einer Kindergartenerziehung mit Zuckerbrot und Baseballschläger. Jedenfalls: Zölle von zehn Prozent auf Importe in die USA bleiben – fürs Erste – die neue Normalität. Die angekündigten, deutlich höheren Aufschläge wurden just an dem Tag wieder auf Eis gelegt, an dem sie eigentlich in Kraft treten sollten. Timing ist eben alles.
Doch wer glaubt, damit sei die handelspolitische Achterbahnfahrt vorbei, der kennt Trump schlecht. Denn während Europa, Kanada und Co. für einen kurzen Moment aufatmen dürfen, bleibt ein Land weiterhin auf der Abschussliste: China. Dort dreht Trump die Zollschraube nicht nur weiter, er reißt sie förmlich aus dem Gewinde. 125 Prozent Importzoll auf chinesische Waren – ein Satz, der nicht nur die Preise verzerrt, sondern auch jeder handelsökonomischen Logik ins Gesicht lacht.
Die offizielle Begründung? Irgendwas mit unfairen Handelspraktiken, geistigem Eigentum und der Weltherrschaft, je nach Tagesform. Die inoffizielle? Wahrscheinlich ein kalkulierter Kraftakt, der sich gut im Wahlkampf verkaufen lässt – als Beweis für Stärke, Unabhängigkeit und das ewige Motto: „Ich habe das härteste Handelsabkommen aller Zeiten gemacht.“
Derweil sitzen die Märkte auf glühenden Kohlen. Denn wenn eines sicher ist, dann Trumps Unberechenbarkeit. Heute zehn Prozent, morgen 80, übermorgen ein Handelskrieg, der im Nebensatz angekündigt wird. Anleger wissen: Jeder Tweet kann das Drehbuch ändern – und zwar ohne Vorwarnung.
Fazit aus Börsensicht:
Die kurzfristige Freude über die Zoll-Pause ist real – aber sie basiert auf der Hoffnung, dass Trump seinen nächsten Launenumschwung möglichst lange hinauszögert. Solange die US-Handelspolitik von Bauchgefühl, Wahlkampf und Launentweets getrieben wird, bleibt das Vertrauen der Märkte brüchig. Heute ein Geschenk – morgen ein Boomerang. Willkommen in der Trumpconomy.