Start International Die neue EU-Spitze in Kiew

Die neue EU-Spitze in Kiew

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Alexandra_Koch (CC0), Pixabay

Pünktlich zum Amtsantritt haben sich die neue EU-Kommission, Ratspräsident António Costa und Außenbeauftragte Kaja Kallas dazu entschieden, mit maximalem Pathos in ihre Rollen zu starten. Ziel des ersten Arbeitstages? Natürlich die Ukraine – schließlich darf ein Solidaritätsbesuch im Land, das seit fast drei Jahren unter russischem Angriffskrieg steht, auf keiner außenpolitischen To-do-Liste fehlen. Mit ernstem Blick und der üblichen Portion bedeutungsschwerer Aussagen reisten Costa und Kallas nach Kiew, um den Ukrainern erneut zu versichern, dass die EU selbstverständlich immer und überall „voll und ganz“ an ihrer Seite stehe.


„Wir sind gekommen, um eine klare Botschaft zu übermitteln!“

Die klare Botschaft, die EU-Ratspräsident Costa verkündete, könnte man in etwa so zusammenfassen: „Keine Sorge, wir unterstützen euch weiterhin!“ Was genau das bedeutet, blieb wie üblich etwas vage, aber Hauptsache, es gibt ein paar gute Fotomotive vor den Trümmern der ukrainischen Energieinfrastruktur. Costa postete stolz auf der Plattform X (früher Twitter): „Vom ersten Tag des Krieges an steht die EU an der Seite der Ukraine.“ Man könnte fast vergessen, dass es hier um reale Menschen und keine PR-Kampagne geht.

Im Gepäck hatte das Trio neben Durchhalteparolen auch das mittlerweile gewohnte diplomatische Vokabular: „Der Preis für Russland ist hoch“, „starke Position am Verhandlungstisch“ und natürlich das Klassiker-Argument, dass die Unterstützung der Ukraine letztlich günstiger sei als ein Sieg Russlands. Ob das in Kiew angesichts täglicher Luftangriffe wirklich beruhigend wirkt, sei dahingestellt.


Kallas: Diplomatische Härte im Designeranzug

Kaja Kallas, die neue „Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“ (ja, das ist tatsächlich die offizielle Bezeichnung), ließ keinen Zweifel daran, dass sie in Sachen Rhetorik an Härte kaum zu überbieten ist. In Interviews betonte sie, dass ein Nachgeben gegenüber Russland nur weitere Aggressionen fördern würde – und natürlich die üblichen Verdächtigen wie China, Nordkorea und den Iran stärken könnte. Klingt dramatisch, lässt sich aber gut verkaufen.

Ihre Forderung nach einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine bleibt ein heißes Thema. „Natürlich will jeder Frieden“, sagte Kallas mit dem moralischen Überlegenheitsblick, den man wohl in Diplomatie-101 lernt, „aber wir müssen sicherstellen, dass Frieden auch langfristig hält.“ Klar, Frieden ja – aber bitte erst nach weiteren Waffenlieferungen.


Die EU: Große Worte, unklare Pläne

Dass die EU mittlerweile wie ein riesiges Reaktionsbüro für weltpolitische Krisen wirkt, wurde auch bei diesem Besuch wieder deutlich. „Unerschütterliche Unterstützung“ klingt toll, solange man nicht genauer fragt, was das konkret bedeutet – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Unterstützung der USA unter einem möglichen Präsidenten Trump alles andere als sicher ist. Falls Washington abspringt, „müssten die Europäer eben mehr tun“, heißt es lapidar. Wie und womit, bleibt jedoch offen. Vielleicht haben Kallas und Costa ja ein paar besonders großzügige EU-Mitgliedsstaaten im Hinterkopf?


PR-Event oder echte Hilfe?

Es wäre unfair zu behaupten, dass Besuche wie dieser nichts bewirken. Sie schaffen Aufmerksamkeit, liefern Symbolik – und ja, auch das Gefühl, dass man „etwas tut“. Doch während Ratspräsident Costa und Außenbeauftragte Kallas mit ernsten Gesichtern in Kameras blicken und ihre Solidarität beteuern, bleibt die Frage: Wie viel von dieser Unterstützung landet wirklich dort, wo sie am dringendsten gebraucht wird?

Am Ende könnte man fast meinen, der Besuch in Kiew sei weniger eine Geste für die Ukraine als vielmehr ein gelungener Auftakt für die PR-Tour der neuen EU-Spitze gewesen. Schließlich hat der EU-Ratspräsident jetzt ein schönes Gruppenfoto aus Kiew für seine Social-Media-Accounts – und Kaja Kallas kann ihre Forderungsliste für Waffen und NATO-Beitritt weiter medienwirksam unter die Leute bringen. Die Botschaft ist klar: Die EU bleibt am Ball. Aber ob der Ball auch im Tor landet, bleibt eine andere Frage.