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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel von der Kanzlei BEM:K „Die Betreiber haben die Spielregeln gemacht – wir holen uns das Geld zurück.“

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TheAndrasBarta (CC0), Pixabay

Frage: Herr Högel, die Recherchen des Bayerischen Rundfunks haben erneut gezeigt, wie groß das Problem illegaler Onlinecasinos ist. Was macht diese Plattformen so gefährlich für Spieler wie Martin?

Maurice Högel: Das größte Problem ist die Kombination aus fehlenden Schutzmechanismen und der Illusion, es gäbe keine Grenzen. Illegale Casinos locken mit Traumgewinnen und unlimitierten Einsätzen – genau das zieht Spielsüchtige magisch an. Viele Spieler wissen oft gar nicht, dass sie sich auf einer illegalen Seite befinden, und glauben, sie könnten ihre Verluste einfach wieder reinholen. Doch das System ist darauf ausgelegt, genau diese Hoffnung auszunutzen.

Frage: Ihre Kanzlei BEM hat sich darauf spezialisiert, Einsätze aus illegalem Glücksspiel zurückzufordern. Wie erfolgreich ist das?

Maurice Högel: Sehr erfolgreich. Die Rechtslage ist klar: Wer bei illegalen Casinos spielt, schließt keinen gültigen Vertrag. Das bedeutet, dass alle getätigten Einsätze rechtlich rückforderbar sind. Unsere Erfolgsquote liegt derzeit bei über 90 Prozent, weil wir die Betreiber rechtlich unter Druck setzen. Es geht dabei nicht nur um Gerechtigkeit für unsere Mandanten, sondern auch darum, ein Zeichen gegen diese undurchsichtigen Strukturen zu setzen.

Frage: Die BR-Recherchen zeigen, dass hinter den Casinos oft Netzwerke stehen, die auf Steuerparadiese wie Malta oder Curaçao zurückgreifen. Wie schwierig ist es, gegen solche Betreiber vorzugehen?

Maurice Högel: Es ist definitiv eine Herausforderung, aber keine unüberwindbare. Diese Firmen arbeiten mit komplexen Konstruktionen, um ihre Verantwortlichkeiten zu verschleiern. Dank unserer Erfahrung und unserer internationalen Partner können wir diese Netzwerke entwirren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Ein Beispiel: Wir haben bereits Gelder von Firmen auf Malta und Zypern erfolgreich zurückgeholt, indem wir die Zahlungsströme nachverfolgt haben.

Frage: Was sagen Sie zu den Verbindungen zwischen Plattformen wie „SoftSwiss“ und Wirecard, die in den Recherchen erwähnt wurden?

Maurice Högel: Das ist ein weiteres Beispiel für die perfide Strategie dieser Betreiber. Mit Wirecard hatten sie einen Partner, der bereit war, diese dubiosen Geschäfte zu unterstützen. Die Tatsache, dass Millionenbeträge über solche Strukturen abgewickelt wurden, zeigt, wie gut organisiert diese Netzwerke sind. Wir arbeiten daran, solche Verbindungen aufzudecken, um die Betreiber noch effektiver angreifen zu können.

Frage: Gibt es für Spielsüchtige wie Martin Hoffnung, ihr verlorenes Geld zurückzubekommen?

Maurice Högel: Absolut. Viele unserer Mandanten glauben zunächst, sie hätten keine Chance, weil sie ja „freiwillig“ gespielt haben. Doch das ist ein Irrglaube. Der Gesetzgeber hat klare Regeln für Glücksspiel, und illegale Anbieter haben diese nicht beachtet. Wir setzen uns dafür ein, dass Spieler ihre Einsätze zurückbekommen und einen Schlussstrich unter ihre Verluste ziehen können.

Frage: Was müsste sich politisch ändern, um das Problem illegaler Casinos in den Griff zu bekommen?

Maurice Högel: Wir brauchen dringend eine bessere internationale Zusammenarbeit und mehr Kompetenzen für die deutschen Behörden. Aktuell dauert es viel zu lange, bis Maßnahmen ergriffen werden können. Außerdem sollte der Gesetzgeber darüber nachdenken, die strafrechtliche Verfolgung solcher Anbieter zu erleichtern. Letztlich geht es darum, diese Anbieter aus der Grauzone zu holen und den Spielern echte Sicherheit zu bieten.

Frage: Ihr abschließender Rat an Betroffene?

Maurice Högel: Zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen. Spielsüchtige sollten nicht nur ihre Sucht bekämpfen, sondern auch ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Die Betreiber haben die Spielregeln gemacht, aber wir holen uns das zurück, was ihnen nicht zusteht.